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17.9.00 Südwesten:
Ins Mansfelder Land zum Maschinendenkmal

Vom GPS aufgezeichnete Strecke,
mit Waypoint+ geplottet

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Das Triathlon des Moppedfahrers besteht (wenn er nicht aufpasst) aus 350 Kilometer fahren, zehn Kilometer schieben, 15 Liter tanken. Da es hierbei keine Medaillen zu gewinnen gibt (sondern Überall Haldenallenfalls einen olympischen Hexenschuss), mussten wir uns vergangenen Sonntag das Edelmetall woanders beschaffen. Und da auch die Witterung prima mitgemacht hat, ging es nicht (wie ursprünglich gedacht) um die Ecke von Trebbin, zu den Traktoren, sondern weit weg, nach Hettstedt im Mansfelder Land. Im dortigen Museum erfuhren wir wahrlich Tiefschürfendes, denn die Gegend am östlichen Ausläufer des Harzes war seit Ende des 11. Jahrhunderts eine der ergiebigsten Kupfer-Bergbauregionen Deutschlands.

Zwar kochen auch die Hettstedter nur mit Wasser, aber dieses wandelten sie schon 1785 in Dampf und betrieben damit immerhin Deutschlands erste Dampfmaschine nach dem (damals endlich wirksamen und wirtschaftlichen) Prinzip von James Watt. Ein präziser Nachbau dieses Geräts, zur 200-Jahr-Feier aufgestellt, zeugt von einem der ersten Fälle von Industriespionage. Watt wollte nämlich 1873 für die folgenden l4 Jahre ein Liefermonopol, und das sollte er nicht bekommen. Carl Friedrich Bückling, ein junger Maschinenbauer, düste nach Birmingham, guckte sich die Sache eingehend an, baute sie nach, und - sie funktionierte nicht richtig. Erneute Hilfe aus England war nötig, und 1787 klappte es dann wirklich.

Der Nachbau hier wird übrigens elektrisch angetrieben, ansonsten entspricht das Gerät im Maßstab eins zu eins dem Original: Aus einer stehenden, etwa drei Meter hohen, schwarzen Trommel (dem Zylinder) ragt oben eine Stange heraus - die Kolbenstange. Sie ist mit einem Waagbalken verbunden (der funktioniert praktisch wie eine Kinderwippe). Zieht die Kolbenstange ihre Seite des Balkens hinunter, steigt die auf der anderen. Dort sitzt aber kein Kind und freut sich, nein, dort ist wiederum ein senkrecht abgehender Balken installiert. Und daran befindet sich die eigentliche Pumpe, tief unter der Erdoberfläche.

ModellEine Pumpe, also. Eine, die das Grundwasser beseitigt, denn sonst liefen Stollen und Schächte voll. Aber fangen wir doch nicht mittendrin an, gehen wir mal gut 3000 Jahre zurück. Die Menschen verstanden es damals schon, bunte Steine aufzusammeln und die darin enthaltenen Metalle mit Hilfe von Holzkohlefeuern zu schmelzen (sonst hätte es bestimmt weder Eisen- noch Bronzezeit gegeben). Kupfer - als Hauptbestandteil der Bronze - leuchtet im gediegenen Zustand goldrot, als Oxid sieht man es auf Kirchendächern mattgrün schimmern, andere Verbindungen haben eine bläuliche Farbe.

Als oben alles abgesammelt war, wurde gebuddelt. Zunächst im Tagebau, dann wurden Stollen in den Berg gegraben, immer der Ader nach. Irgendwann wurde aber auch das unpraktisch, zumal sich die Adern nicht nach der Straßenverkehrsordnung richten. Je nach den Brüchen und den Verschiebungen der geologischen Formation hören sie hier auf und gehen dort weiter. Die Menschen kamen also auf die Idee, Löcher von oben nach unten in den Boden zu buddeln, sie Schächte zu nennen und von diesen aus die Stollen und Strebe seitlich ins Gestein zu treiben, eben dort, wo sich eine Ader zeigte.

Das ging aber auch nicht grenzenlos gut, denn irgendwann kam unweigerlich das Grundwasser. Und das musste raus, sonst buddelt es sich schlecht. Anfangs bohrte man seitliche Ablauf-Stollen in den Berg, Halden wollen bestiegen seindas half aber auch nur bis in eine bestimmte, von der Lage vorgegebene tiefe. Im 16. Jahrhundert begann daher die Zeit der "Künste", das sind wirklich kunstvoll konstruierte Hebevorrichtungen. "Wasserkünste" wurden von der Kraft eines Baches angetrieben, eine Kurbelwelle wandelte die Dreh- in eine Hebebewegung, dies versetzte Kolben in hölzernen Zylindern in Auf- und Abbewegungen. das Grundwasser lief unten durch Einlassschlitze in die Heberzylinder hinein und oben durch Auslassschlitze wieder hinaus. Und weil das je nach Kurbelwellenhub immer nur für ein paar Meter ging, mussten ganze Kaskaden solcher Heber hintereinander geschaltet werden, uff.

Je weiter sich die Gänge jedoch zogen, desto mehr Wasser musste raus, irgendwann reichte die Bachkraft nicht, auch Pferde, die zum Antrieb herangezogen wurden, schafften es nicht mehr. Jetzt begann die Dampf-Zeit. Die Anlage, die Bückling aus England kopierte, holte etwa 1,3 Kubikmeter Wasser pro Minute aus 100 Meter Tiefe 50 Meter weit hoch, wo es einen Ablaufstollen gab. Elf Hübe brauchte das Gerät dafür. Der Versuch, sie mit über 1,8 Kubikmeter pro Minute fahren zu lassen, scheiterte. Also wurde schon 1794 ein größerer Ersatz besorgt und die vorhandene Anlage zu einer Steinkohle-Anlage "dienstversetzt", wo sie bis 1848 rackerte.

Um die 3,7 Millionen Tonnen Kupfer. rund 20300 Tonnen Silber und 1,5 Millionen Tonnen anderer Metalle (Blei, Zink, Vanadium, Molybdän, Kobalt, Nickel, SeIen, Cadmium, Rhenium, ja sogar Gold) gab es hier vor Beginn des Abbaus. Davon wurden etwa 2,6 Millionen Tonnen Kupfer und 14 213 Tonnen Silber herausgeholt. Im Boden ist also noch reichlich vorhanden, aber es ist - verglichen mit anderen Orten auf dieser Erde - nicht mehr auf konkurrenzfähige Weise heraus zu holen.

1990 wurde der Abbau beendet, Sehr deutsche Inschrift am Maschinendenkmalum die 8000 Menschen, die hier in zwei Schichten arbeiteten, standen ohne Beschäftigung da, und nur etwa 1500 haben wieder etwas gefunden, berichtet Bernd Friedrich, der uns herumführt. Auch er war 14 Jahre lang Bergmann und danach in der Bergsicherung beschäftigt. Immerhin durchziehen 750 Kilometer Stollen den Boden, erläutert Friedrich, 120 Kilometer sollen begehbar sein. Ob tatsächlich alle vorhandenen Gänge bekannt sind, ist sehr zweifelhaft. Denn über die Jahrhunderte hinweg gab es immer wieder Anlass. neuen Herren nicht alles zugänglich zu machen - weder in Wort, noch in Schrift.

Zu beneiden waren die Bergleute freilich nie, denn die waagerechten, den Adern folgenden Strebe waren selten höher als 1.60 Meter, oft jedoch viel niedriger. Die Breite dieser Erdlöcher betrug anfangs nur einen Meter - eben Platz genug, dass sich ein Mann bewegen konnte und noch genügend Luft für seine Tranfunzel bekam. Kein Wunder also, dass es bereits von Mitte des 16. Jahrhunderts an immer wieder zu Streiks kam, wenn die Bergleute je nach Herrschaft besonders schlecht bezahlt wurden. Und selbst der DDR soll es nur schwer gelungen sein, genügend Leute für die harte Arbeit zu finden.

So, wieder einmal bleibt kein Platz, die interessanten Dinge ringsum zu beschreiben, angefangen beim Mansfelder landschaft auf Gemälden im MuseumMuseum mit seinen Bergbau-Werkzeugen, Mineralien, Fossilienfunden und Prägestücken. Das Gebäude gilt als "Humboldtschlößchen", weil Wilhelm von Humboldt hier seine spätere Frau Caroline von Dacheröden kennen lernte und mit ihr einige Jahre hier verbrachte. Schade: Kaum ein Wort auch vom Freigelände mit seiner Dampfmaschine aus dem Jahr 1952. die aus Wulften am Harz stammt, wo sie ein Sägewerk antrieb. 1994 kam sie als Schenkung ins Hettstedter Museum und wird an den Wochenenden unter Dampf gesetzt (siehe Foto oben). Die Geräte zur Metallbearbeitung sollte man sich ansehen, die ganze historische Bergbaulandschaft auch, die hier samt Stollen inszeniert ist.

Wenn die Anfahrt über Landstraßen führt, sollte auf jeden Fall Löbejün besucht werden. Auch die Wettin an der Salle mit seiner Burg und die Kornflaschen in Friedeburgerhütte sollten nicht ausgelassen werden. Die Gegend hat streckenweise noch etwas Unberührtes - irgendwie anders, halt. Und anschließend geht's zum Ratskeller in der Hettstedter Innenstadt, mit vier Helmen und drei Fliegen drauf ist er in unserem Ausflugsführer verzeichnet - seit langem das leckerste Futter, dort.

So steht's auf TSP-Logo-Mobil-Seite. Der Autor Gido hat den Klau freundlichst genehmigt.


Die Kornflaschen von Friedeburgerhütte

Reste einer KornflascheNach der Mißernte im Jahr 1847 kam es zu Kornkrawallen und Plünderungen. Daran hatte die Gewerkschaft Kupferkammer-Hütte natürlich kein Interesse, denn hungrige und revoltierende Arbeiter waren schlechte Arbeiter. Also baute man ca. 10 riesige unterirdische Silos aus Wickelschlacke (ähnlich den Schlackesteinen, aus denen hier Straßen hergestellt wurden). Diese waren wasserdicht und so konnte man über mehrere Jahre Getreide lagern. Dadurch wurde Spekulationen vorgebeugt und die Hütte konnte ihren Arbeitern das Deputatgetreide zu günstigen Preisen abgeben. Einige der Kornflaschen sind noch erhalten. Sie sind 9,50 m hoch und haben einen Durchmesser bis zu 4,50 m. In Friedeburgerhütte kann man sie besichtigen.

Im Detail

Großbeeren - neuer Autobahnzubringer - Ludwigsfelde - Kreisverkehr rechts - unter Brücke hindurch - nächster Kreisverkehr links - Siethen - Großbeuthen - Trebbin rechts B246 - links nach Ahrensdorf - rechts nach Hennickendorf (schön kurvig!) - Dobbrikow - links nach Nettgendorf - Zuüllichendorf rechts - Kemnitz links - Bardenitz - B102 links, gleich wieder rechts - Malterhausen rechts - Lindow - Danna links - Kurzlipsdorf - Blönsdorf - Seehausen - Seyda - Lüttchenseyda rechts - Elster - Fähre über Elbe - Wartenburg - Globig-Bleddin - Schnellin - Kemberg - Reuden links auf B100 - Radis (rechts die Bager von Ferropolis) - Gräfenhainichen links - Zschornewitz (interessante Werkssiedlung!) - Möhlau - Raguhn (rechts Abstecher zum Mulde-Wehr mit Lachstreppe!) - Salzfurtkapelle - Lennewitz links - Zehbitz - Radegast - Schortewitz links - Mösthinsdorf rechts - Plötz - Löbejün (unbedingt Runde durch die Stadt machen!) - Merbitz rechts - Autobahnbrücke - Neutz-Lettewitz - Wettin (Burg und Fähre über die Saale) - Zaschwitz rechts - Kloschwitz - Friedeburg - Friedeburgerhütte (Kornflaschen!) - Heiligenthal - (alter Brosowski-Schacht auf der linken Seite mit Besteigen der Halde) Siersleben links, dann rechts - Hettstedt (rechts auf Schild zum Maschinendenkmal achten, geht unter der bahn durch! Mansfeldmuseum ist ausgeschildert) - Wiederstedt rechts - Sandersleben - in Alsleben über die Saale - Besenlaubingen - Preußlitz - Biendorf - Mölz links - Kleinpaschleben - Drosda - Wulfen - Micheln - Aken - Fähre über die Elbe - Steutz rechts - Brambach - Rodleben - Rosslau, Am Ortsende links - Meinsdorf - Thießener Mühle - links nach Hundeluft (!) - Jeber-bergfrieden - Stackelitz - Medewitz - Jeserig - Grubo - Bergholz - Kranepuhl - Kuhlowitz - Lüsse B246 - Gömnigk - Brück - Beelitz - Zauchwitz - Stücken - Fresdorf - Tremsdorf - Saarmund - Philippsthal - Güterfelde - Stahnsdorf - Kleinmachnow - Zehlendorf - Marinella - puh! 350 km und heiße Sitzbank.


Gewitterstimmung an der Mulde

THE END

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