Hauptseite Der Rausfahrer-Report

15.10.00 Süden:
Ein Amt namens Heideblick

Vom GPS aufgezeichnete Strecke,
mit Waypoint+ geplottet

Tracklog zum Runterladen auf www.tracklog.de


Der Wetterbericht versprach einen sonnigen Oktobersonntag mit 20 Grad, so dass die Hoffnung auf Erfüllung dieser Prognose den Nebel und den Nieselregen besser ertragen half. Die Wettervorhersage behielt dennoch recht, wenn auch erst am Nachmittag. Die Straßenvorhersage des Tourguides lautete: Sowjetische Schweiß- und BiegekunstMöglichst wenig Bundesstraßen, keine Autobahn, zur Vermeidung von Ampelstopps viele kleine Asphaltstraßen, einige Kilometer Naturpiste und betonplattenbelegte Agronomenpisten.

Unsere Tour zwecks Veranschaulichung landestypischer Bräuche begann am Bahnhof Teltow, ging es über die Äcker nach Ruhlsdorf, dann auf den neuen Autobahnzubringer nach Ludwigsfelde und über Siethen, Thyrow und Nunsdorf, von dort wieder über ein schmales, heckengesäumtes Asphaltband über die Felder nach Gadsdorf. In Kummersdorf war der erste Zwischenstopp, denn zur Landeskunde gehört auch ein Einblick in die militärisch geprägten Kunstformen der ehemals in Brandenburg stationierten Einheiten der Sowjetarmee. Diese präsentierte sich in Form hochgradig perfektionierter ornamentaler Biege- und Schweißkunstproletarische Tags am Beispiel der Kompanielogos über einer Hausdurchfahrt. Im Innenraum konnte sozialistischer Realismus in Öl an den Wänden eines Kinosaals begutachtet werden: Lenin schreitet forsch voran, daneben ein Spruch, dessen erstes Wort dank minimaler Griechischkenntnisse als "Proletarier" entziffert werden konnte. Wird bestimmt "Proletarier aller Länder, vereinigt euch " geheißen haben.

Das Kaiser- Hitler- und Sowjetreich haben der ganzen Gegend ihren Stempel aufgedrückt. Seit 1870 wurden hier die neuesten Waffen getestet und Wernher von Braun testete hier seine ersten Raketentriebwerke. Da ein Spaziergang zu diesen Braunschen Beobachtungsbunkern etwas weit war und auch die 300m zu Fuß durch den Wald zu einer anderen Militärhinterlassenschaft einige Rausfahrer bis an die Grenzen ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit brachte, ging es nur zu einem fast malerisch gelegenen Fangkorb. Klassenfeindezweirad vor RussentankeSeine Bestimmung war, große Geschosse mit seiner riesigen Füllung aus Schlacke so abzufangen, dass sie ausgebuddelt und untersucht werden konnten. Der Spaziergang führte durch eine aufgewühlte Landschaft, durchzogen von zerstörten Mauern, Bunkerresten und vielen Löchern, in denen sich Seen mit Schilfgürtel bildeten. Zwischendrin Autoreifen, in denen Frösche wohnen, Kanister und kleine Brücken aus Luftlandeblechen. Tarkowski wäre hier gerne Stalker gewesen.

Wieder aufs Mopped gehüpft und zu friedlicheren Gefilden. Ließen, dieser schnuckelige Ort zwischen Stülpe und Petkus (ein Besuch im Antiquitätenhof lohnt!), wurde durchquert, ab Petkus wieder über Agrarwege nach Liepe und weiter nach Dahme zum kleinen Zoo im Schloßpark. Bergziegen, Lamas und auch im Winter im Hausmalerei in Dahme.Freien munter schimpfende Sittichen leben hier. Noch ein Blick auf das imposante Rathaus, das von dem früheren Wohlstand zeugt. Dieser wurde u.A. durch diverse ehemals hier ansässige Zigarrenmanufakturen erworbenen. Mehr dazu und zum Blaudruck gibt es im Heimatmuseum am alten Marktplatz zu erfahren

Über die B102 in Richtung Luckau, vorbei an einem Ort mit dem wunderschönen Namen Pitschen-Pickel, biegt man irgendwann rechts auf eine kurvige Naturpiste durch wellige Landschaft in Richtung Höllberghof ab. Das leichte Wellblech auf der Piste, die sonst aber gut zufahren ist, löste wohlige Erinnerungen an westafrikanische Überlandstraßen aus.

Der Höllberghof klingt vom Namen alt, aber er ist neu und dadurch nicht minder attraktiv. Hier hat man einen Bauernhof mit alten Materialien nachgebaut und daraus ein Museum und einen kleinen Hoftierzoo gemacht. Die kleinen Schwein sind zwar etwas bissig Der Schloßturm von Bornsdorfund die Enten am Meckern, aber die anderen Tiere waren recht schmackhaft. Die Speisekarte befand sich schon vor Abfahrt in unserem Besitz, und so konnten wir schon von unterwegs einen riesigen Tisch vor der Höllbergschenke reservieren und die Essen bestellen. Vier ganze Helme wurden verliehen - eine Auszeichnung ohne jeden Abzug.

Durch Langengrassau und Gehren ging es Richtung Weißack. Unterwegs kommt man an einem "Garten der Sinne" vorbei. Ein kurzer Blick auf die blauen Steine auf der Wiese sahen interessant aus, aber die Zeit war knapp. Ein Besuch dort wird nachgeholt. Von Weißack führt eine alte, ungepflasterte Allee nach Bornsdorf. Jetzt im Herbst leuchteten die Baumkronen in knalligem Gelb vorm blauen Himmel - einfach schön, wie wir hier durchbrettern konnten. Im Rückspiegel sah man die aufgewirbelten Blätter, vorne kam der Bornsdorfer Schloßturm ebenfalls gelb leuchtend entgegen. Neuerdings darf er sogar bestiegen werden. Den Schlüssel gibt es in der Eisdiele gegen 10 Mark Pfand. Der Turm ist neben einem Haufen Steine das einzige Überbleibsel eines in den aus dem 16.Jahrhundert stammenden und in den 60er Jahren wegen Baufälligkeit eingestürzten Schlosses. Der Blick von oben reicht weit, denn kein Berg verstellt die Sicht.

Das sollen Kraniche sein.

In dieser Gegend, dem Amt Heideblick, gibt es noch sehr viele Ortsverbindungsstraßen, auf denen man eine Staubfahne nach sich zieht. Die eine Wolke, die da über die Äcker nach Beesdau zog, umhüllte die Rausfahrer. Am Ortsausgang von Beesdau steht noch ein Schloß mit einem Turm im Innenhof und gibt eine Vorstellung davon, wie das in Bornsdorf ausgesehen haben muss.

Nicht weit von hier, im Borcheltsbusch, kann wieder ein Turm bestiegen werden, diesmal einer aus Holz mit Blick auf einen flachen See, Die Dammühle mit klapperndem Mühlrad an dem sich im Herbst Unmengen von Kranichen und Gänsen sammeln. Fernglas nicht vergessen! In Richtung Luckau findet man 200m hinter dem Turm rechts der Straße Landschaftswellen, die Reste einer slawischen Befestigungsanlage aus dem 6. Jahrhundert sind. Zu entdecken gibt es hier nichts mehr, und die Burg würde wohl auch nicht auffallen, wenn die Wiese darauf nicht so akkurat gemäht wäre. Erbaut haben sie die Lusizi, die der Lausitz ihren Namen gaben.

In Luckau wurden die Tanks wieder gefüllt und einige Kilometer auf der B96 zugebracht. Dann wieder links ab und über die Dörfer nach Wildau-Wentorf - gerade recht zu den letzten Tönen der Blasmusikkapelle, die hier im Bierzelt am Dahmeufer zum Oktoberfest ins Horn stieß. Das gab einen Blick frei auf exquisitestes Lokalkolorit!

Die Borghesischen Krieger über der Landstraße Auf der anderen Seite der Dahme befindet sich die Damm-Mühle mit nettem Café und Übernachtungsmöglichkeit. Aus dem Café kann man dem direkt vorm Fenster drehenden Wasserrad zuschauen.

Auf der Strecke zwischen Sperenberg und Rehagen kreuzte einst die Militärbahn die Straße. Auf den verbliebenen Brückenköpfen würden die noch vollständig erhaltene Borghesischen Fechter stehen, wenn sie nicht von irgendwelche Idioten beschädigt worden wären. Sie sollen an die militärische Nutzung dieser Gegend, die über ein Jahrhundert andauerte, erinnern - wohl dehalb wenden sich die beiden streitenden Krieger voneinander ab.

Ab Rehagen ging es bei bereits eingebrochener Dunkelheit im Zickzack über Betonplattenwege in Richtung Stadt. Den Zugang zu diesen Wegen ist kaum zu beschreiben. da hilft nur das GPS-Tracklog.

Kräutergarten im Höllberghof


Linktips


Im Detail

Berlin - B101 Großbeeren - Genshagen - Löwenbruch - Kerzendorf - in Thyrow links - Märkisch Wilmersdorf - Nunsdorf - hier am Ortsausgang nicht die Linkskurve, sondern geradeaus an der Spedition und den jauchegruben vorbei über den Teerutenberg, dann 90 Grad rechts nach Gadsdorf - Kummersdorf-Alexanderdorf - Sperenberg - Kummersdorf Gut - kurz nach dem Museum kann man links aufs ehemalige Kasernengelände fahren - Richtung Schönefeld (500m vor der langgezogenen Linkskurve zu Fuß nach links in den Wald. Dort stehen die Fangkörbe und etwas weiter nordöstlich die Raketenprüfstände) - Schönefeld - Stülpe - kurz links, gleich wieder rechts - Ließen - in Petkus geradeaus auf die B115, dann links Richtung Wahlsdorf und gleich hinter der ehemaligen Minoltanke wieder links über die Felder nach Liepe - links Buckow - rechts Gebersdorf - Dahme (Zoo im ehemaligen Schloßgarten - Marktplatz mit Museum, Rathaus) - B102 Richtung Luckau - Kemlitz - in Falkenberg rechts auf den ausgeschilderten Feldweg zum Höllberghof - Langengrassau rechts - Waltersdorf - Gehren rechts - (in langer Linkskurve in der Mite zwischen gehren und Walddrehna im Wald an der Steigung steht der Hinweis zum Garten der Sinne) - Walddrehna - B96 überqueren - Weißack - hinterm Ortseingang in der Rechtkurve links in den legalen Waldweg - Bornsdorf (Turm, Schlüssel im Eiscafé) - Beesdau - links nach Goßmar - rechts Richtung Fresdorf (Aussichtsturm, slawischer Wall) - Luckau - B96 bis Gießmannsdorf, hier links - Zieckau - Kümmritz - Wildau-Wentdorf rechts (am Ortsausgang Dammmühle) - Drahnsdorf - Falkenhain - Landwehr - Golßen - B96 Baruth links - Paplitz rechts - Horstwalde - Kummersdorf - Sperenberg - Rehagen (unterwegs die Brückenköpfe) - in Rehagen nordwestlich im Zickzack auf die Äcker - Gadsdorf - Christinendorf - Trebbin - B101 nach Berlin. Macht 250km.


THE END

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