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Segeln, so sagen jene, die es wissen müssen, So, nu isses 'raus, wir waren wieder unter Baggern - in jeder denkbaren Bedeutung dieser Aussage. Ferropolis, das sind heute noch ein paar seit der Wende ziemlich naturbelassene Gebäude und fünf dieser Bagger am Rande des ausgekohlten Tagebaus Golpa-Nord. Der war 1958 als Reserve für die Kraftwerke Vockerode und Tschornewitz aufgeschlossen worden und 1990 termingerecht leer, erläutert Ferropolis-Geschäftsführer Guido Till. Um die etwa 70 Millionen Kubikmeter Kohle herauszuholen, mussten 340 Millionen Kubikmeter Abraum bewegt werden.
Schließlich liegt der Wörlitzer Park, angelegt vom Fürsten Pückler, quasi um die Ecke. Warum, so fragten die Bauhäusler, sollte man dem Garten- und Landschaftspark nicht einen Industriepark als Kontrapunkt daneben setzen? Der See, der hier entstehen soll (und der die Halbinsel Ferropolis umschließen wird), dürfte ohnehin über 20 Jahre hinweg nicht richtig zu nutzen sein, denn für das Wasser sind jede Menge Salze aus dem freigekratzten Boden verfügbar geworden. Darin zu baden, das dürfte nicht sehr angenehm sein. Nun stehen hier Tagebau-Großgeräte in einer Menge zusammen, die sonst nicht wieder zu finden ist. Vier von ihnen sollen wieder in einen vorführbaren Zustand versetzt werden, sie werden zwar nicht von der Stelle fahren, aber auf Wunsch ihre Abraumgeräte bewegen. Doch damit allein wird Ferropolis auf Dauer kaum überleben können, und das ist generell schwierig in einer Umgebung, die mit 23 Prozent Arbeitslosigkeit nicht gerade verwöhnt ist. Auf Subventionen kann man sich langfristig auch nicht stützen. Es gilt also, der Kraterlandschaft Leben einzuhauchen. Die eigens gegründete GmbH kaufte die Bagger von der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LMBV) für 16,44 Mark und übernahm das Gelände. Immerhin fanden in diesem Jahr schon mehr als 30 000 Besucher hierher, und im nächsten Jahr werden es bestimmt noch wesentlich mehr sein. Denn Ferropolis ist Korrespondenzregion Sachsen-Anhalts für die Expo 2000 in Hannover. Der NDR-Kultursommer wird hier veranstaltet, Mikis Theodorakis schreibt sogar an einer Oper, die hier aufgeführt werden soll. Bis dahin wird sich noch einiges tun auf dem Areal. Zu sehen ist schon eine "Arena", ein Freilufttheater für 25 000 Besucher. Jonathan Park, der Bühnendesigner der Stones und von Pink Floyd, entwarf sie. Denn Till will die finanzielle Eigenständigkeit der Eisenstadt durch kommerzielle Veranstaltungen - zum Beispiel eben Konzerte und Theater-Aufführungen - erreichen. Leipzig und Halle sind ja nicht weit entfernt, selbst nach Berlin sind es nur 108 Kilometer. Besucher sollen bereits auf einem Parkplatz an der Autobahn in einen Shuttle-Bus umsteigen können, für Eisenbahnfreunde ist ein eigener Anschluss geplant. Immerhin: Wörlitz sowie das Naturschutzgebiet Dübbener Heide befinden sich in direkter Nachbarschaft - Ausflügler fänden hier also ein ganzes Paket aus Natur und Kultur geschnürt. Neben aller Kultur soll jedoch auch die Arbeit der Menschen, also der Braunkohle-Abbau, erkennbar bleiben. Nunja, daran wird immer noch gearbeitet, jetzt freilich unter anderen Vorzeichen - so sucht Till zum Beispiel einen Betreiber für Gastronomie, damit es hier endlich etwas zu futtern gibt. Uns knurrt nun auch der Magen, der Regen hat etwas nachgelassen, also los, nach Oranienbaum, in den Goldenen Hirschen - gegenüber vom Schlösschen. Die Soljanka schmeckt schön scharf, das restliche Futter ist auch nicht schlecht - und plötzlich scheint die Sonne. Mit ihr links im Rücken geht es wieder nach Haus, jetzt über Bundesstraßen, auf denen inzwischen kaum noch Autoverkehr herrscht. So steht's auf
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