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28.10.01 Süden:
Per Boot ins Bergwerk

Vom GPS aufgezeichnete Strecke,
mit Waypoint+ geplottet

viele Tracklogs zum Runterladen auf www.tracklog.de


An diesem letzten Sonntag für alle, die sich saisonal für Fahrten zwischen März und Oktober entschieden hatten, wurde es noch einmal eine richtige Highlighttour. Ich muss es einfach loswerden, wie toll es war diese prima Strecke hinter Dirk herzuziehen, der die heutige Tour sogar zuvor abgefahren hatte! Trotz Zeitumstellung (oder gerade deshalb, weil eine Stunde gewonnen wurde?) war 7.30 Uhr nicht zu früh, denn über 20 Motorräder versammelten sich am Startpunkt Süd, um das Baruther Urstromtal zu streifen, den niederen Fläming zu durchfahren, die Lausitz nicht ganz rechts liegen zu lassen und ins Sachsenland einzufahren. Und unter diesem Einfahrmotto stand ja der heutige Sonntag mit dem Ziel, das Silbererzbergwerk "Alte Hoffnung Erbstolln" zu Schönborn-Dreiwerden-Seiffersbach in Sachsen zu besichtigen.

Als wir an Oschätzchen vorbei kamen, mußte ich lachen: Ohhh Schätzchen, was für 'ne tolle Strecke! - Der Wettergott war uns hold und trotz aller regnerischen Prognosen blieb es beinahe den ganzen Tag trocken. Lauter neue kleine Wege brachten uns in moderatem Tempo zunächst einmal zu einer beeindruckenden Hängebrücke bei Kockisch (Mittweida). Die konnte ihre Flexibilität unter Rausfahrers Füßen mal richtig ausschwingen, weil einige natürlich nicht darauf verzichten konnten, zu Springen und zu Schaukeln, was die Brücke hielt; ein angelnder Junge, mittbrückig positioniert, zeigte sich nicht gerade humorvoll und wickelte sich vor Schreck seine Angelschnur um den Hals.

Der Besuch im passenden Restaurant "zur Hängebrücke" war besonders nett, denn das Essen war prima, das Gastfräulein eine hübsche Erscheinung, freundlich und aufmerksam, ein extra gezündetes Kaminfeuerchen loderte anheimelnd in der guten Gaststube und feuchtelnde Handschuhe fanden ihren Platz um Wärme schon mal für später zu speichern. Grubenhunt mit RausfahrernAls wir aufbrachen um in das Bergwerk einzufahren, hatte der leichte Nieselregen aufgehört. Durch verwinkelte Gassen und über Landsträßchen standen wir nach einigen Kilometern vor dem Herrmannschachthaus, wo wir von einer gestandenen Bergmannsfrau in rechter Bergmannskluft zünftig empfangen wurden. Zunächst wurden wir über Gefahren und Verhaltensweisen im Bergwerk aufgeklärt. Wir trugen uns - wie früher die Bergleute - namentlich in ein Buch ein, damit beim Ausfahren die Rückkehr aller kontrollierbar bleibt. Helme und Rucksäcke wurden abgelegt und das Überstülpen blauer oder lila Riesenhemden, das Anschnallen der Akkulampen und das Aufsetzten der nun etwas anderen Helme war ein Riesenspaß; der Anblick veranlaßte Photoapparatbesitzer die Blitze blitzen zu lassen.

Als erstes betrachteten wir den Sortierschacht, der von einem Holzhaus, gesteckt nach alter Zimmermannsmanier, beherbergt wurde. Hier hatten früher Kinder gearbeitet, Steine wurden sortiert und konnten hier auch gelagert werden. Diese Schächte sind sehr tief (waren es 30 Meter?) und nach der letzten Fahrt war es Usus, dieselben abzudecken und einen Baum darauf zu pflanzen, weil der Boden absacken kann und so Unfälle verantwortungsvoll vermieden werden können. Wie man sich vorstellen kann, erschwert das dem suchenden Bergwerksfan das Erfolgserlebnis, aber hier hatte es geklappt. Eine große Buche musste weichen um uns jetzt den eindrucksvollen Blick in die Tiefe zu ermöglichen. Einige Gesteinsproben zum Angucken und Anfassen waren hier ausgestellt, allerdings kein silberhaltiges Gestein, denn das hatten Besucher einfach geklaut.

Ein kleiner Waldspaziergang, vorbei an Förderhunte und passenden Schienen, brachte uns zum Eingang unten am Berg. Normalerweise wurde hier ausgefahren, aber für den Besucher läuft es umgekehrt – wir haben beim den Auffahrten über glitschigsteile Leitern verstanden, warum – abwärts ist das sicher unangenehmer. Dieser Berg war stufig angewachsen, denn ausgehobenes Gestein mußte ja irgendwo bleiben. Mit Spannung erwarteten wir die bevorstehende Kahnfahrt, die uns das Herz des Bergwerkes eröffnen sollte. Die Raucher blieben noch zurück, denn alle auf einmal paßten nicht in den Kahn und drinnen wird natürlich nicht geraucht. Die Angelegenheit schien sehr lustig zu werden, denn lautes Gealbere drang noch lange nach draußen, als die erste Gruppe schaukelnd im Dunkel verschwand. Per Kahn durchs RöschensystemAuch wir waren nicht vergessen; nach 10 Minuten war die Bergmamsell wieder da und schipperte nun mit uns in das Bergesinnere. Die Grubenlampen kamen zum ersten Einsatz und witzige Schilder: "Geschwindigkeitsbegrenzung 50 km, wieder aufgehoben, Durchfahrt für Dampfschiffe verboten" kamen zum Vorschein.

Die Bergmamsell führte sich erstklassig ein, schlagfertig konterte sie jeder Bemerkung, wir erhielten Kostproben eines erstaunlichen Repertoires. Noch schnell vorbei an einem "Wasserfall", dessen Geheimnis sich später noch lüften sollte und eine letzte Biege, so gingen wir von Bord und landeten in einem Gewölbe, wo Tafeln die Funktionsweise der Wasserkunst erklärten und die Funktionsweise der Turbine unter Tage, die hier um 1850 in Betrieb genommen wurde. Der zweite Stopp war in einer kuscheligen Ecke, ein Vespertisch und Bänke luden zum Platznehmen ein. Hier wurden wir über Bergmanns Werkzeug (Schlegel und Hammer) aufgeklärt, über verschiedene Techniken in den Berg zu dringen und wir erhielten eine Vorstellung davon, wie lange es dauert, 3 cm Berg abzutragen – einen ganzen Tag! Weiter ging es durch Gänge, deren Boden ein wenig naß und glitschig, nicht zu eng, aber manchmal niedrig war und da Stein bekanntlich nicht nachgibt, bewiesen die Schutzhelme ihre Berechtigung recht bald, so manche Beule blieb glücklich aus. Durch eine Tür kamen wir über ein Treppchen auf eine Plattform im Schacht, auf die angeblich 30 Leutchen passen sollten! Na ja, jedenfalls 30 Mo'radfahrer, die wie ausgestopft unter blauen Hemdchen stecken, faßt sie nicht! "Aber das sei doch ein Anlaß heimlich zu kuscheln" kam es von der Bergmannsfrau und auf die Frage, ob man denn auch mit ihr kuscheln könne, hielt sie es für unwahrscheinlich, daß das bezahlbar sei...

Jetzt hatten wir eine Aussicht von unten in den Schacht, in dem sich lange Steigeleitern die Hände bis nach oben gaben. Auch die Anfänge des Kulurbundes (zu DDR-Zeiten) der Freizeitkumpel und deren mühselige Arbeit, den Stollen wieder begehbar zu machen, tausende Tonnen von Erde, Stein und Mengen von Haushaltsmüll aus den Schächten zu fahren, blieb uns nicht verborgen. Nett war die Geschichte zur Entstehung des "Riedelmaßes", das war nämlich so: Herr Riedel war der Erstbefahrer des Schachtes. Er ließ sich abseilen, arbeitete emsig mehrere Stunden an dessen Fuße und fand eine Tonflasche, die das Dokument zur Schließung des Stollens enthielt. Hier wird dem nächsten, der hier wieder fördern will, Glückauf wünscht, denn wer dieses Gefäß findet, der hat gebuddelt und logisch ist, daß dann auch gefördert werden soll. Nun aber zu Herrn Riedel, der seine Funde fleißig nach oben geschickt hatte und nun selbst auch gern wieder rauffahren wollte. Der Schreck muß groß gewesen sein, als er erkennen mußte, daß er sich nicht mehr durch das Loch zwängen konnte, selbst das Ablegen der Kleidung minimierte nicht ausreichend den Umfang, so daß nun erst gearbeitet werden mußte, bevor das Loch groß genug war. Man erzählte, er sei korpulent gewesen und nun seien die Einstiege auf zwei Riedel ausgelegt, sicherlich groß genug um jedermann einen solchen Schrecken zu ersparen.

Endlich ging es zur Wasserkunst, die nun anschaulich per Personengewicht betrieben wurde. Unsere Kumpelin kam ganz schön außer Atem. Hier verstanden wir nun, wo der kleine Ablauf im Kanal hergekommen war, das warDer Turbinenraum der Überlauf der geförderten Menge Wasser, die wieder ins System zurücklief. Dann ging es über Stiegen nach oben und die zweieinhalb Stunden im Berg waren wie im Fluge vergangen. Nun noch ein Erinnerungsfoto am Ausgang und zurück ins Herrmannschachthaus um die Ausrüstung abzulegen und die uns gewohnte wieder anzulegen. Wir trugen uns noch schnell aus – alle waren wieder ausgefahren und verabschiedeten uns sehr zufrieden.

Der Himmel hatte sich zugezogen und vorsorglich wurden schon mal die Regenhosen angezogen. Der Weg zurück war noch weit und der Nachmittag fortgeschritten. Den Umweg zum Eisenbahnmuseum haben wir nicht mehr gemacht, aber das kann ja ein neues Ziel werden. Die 169 und die 101 brachten uns schließlich wieder in heimische Gefilde; wir sind nicht einmal geblitzt worden und auch die Politessen hinter ihrem Stativblitz schauten erstaunt drein, als das Blitzerglück ihnen nicht hold war und 20 Motorräder mit 40 km/h an ihnen vorbei schlichen.

Der Abend fand sein gemütliches Ende im Marinella.

Text und Fotos von Petra


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Im Detail

Startpunkt Süd - B101 - links auf L76 Richtg. Mahlow - rechts Diedersdorf- Blankenfelde - links Jühnsdorf - Groß Schulzendorf - Werben - Nunsdorf - Gadsdorf - Alexanderdorf - Kummersdorf - Sperenberg - Kummersdorf Gut rechts - Schönefeld - Dümde - Stülpe links, gleich wieder rechts - Ließen - Petkus rechts, durchs Dorf, wieder links - Wahlsdorf - Niebendorf - Hohenseefeld - Herbersdorf - Meinsdorf - Weissen links - Rinow - L71 links- Wieperdorf (Schloß) rechts - Werchau - Jessnigk links - Kolochau rechts B87 - Herzberg links - B101 - Wiederau - Bad Liebenwerda - Prieschka - Oschätzchen links - Krobeln - Lichtensee - Zeithain - Roderau - über die Elbe nach Riesa - 169 folgen - Seehausen - Stauchitz - Ostrau - Dobeln - Ebersbach - links nach Etzdorf - rechts Bohringen - Rossau - Mittweida - an der Zschopau links entlang nach Schönborn-Dreiwerden.


THE END

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