Die Ankündigung ließ auf eine flexible Durchführung schließen, vielleicht fanden sich deshalb um 8 Uhr am Startpunkt West nur drei mutige Rausfahrer ein, die bereit waren, ohne reserviertes Hotelbett in die Ferne zu ziehen. Im Ostharz ist der Straßenbelag nicht immer besonders glatt, das kennt man ja. Dafür ist der Straßenverlauf oft spannender als im Westharz. So zum Beispiel die Straße durch das Bodetal, die oft auf gleicher Höhe mit dem Fluß durch die Felsen verläuft. Hier hat die Tour das perfekte Timing, denn Nachmittags schleichen Reisebusse die enge Straße entlang. Trotz vieler nasser Kurven versuchte Christian todesmutig dem Magenbrummen von hinten zu entkommen, wurde aber bei Allrode in eine Jagdgaststätte eingekehrt. Angenehm gesättigt konnte man anschließend den interessanten Kontrast zwischen Talgrund und der nachfolgenden Hochebene bemerken. Ein Schlenker Richtung Quedlinburg (bis Gernrode) bringt weitere spannende Kurvenkombinationen, diesmal auf einer Art Bundesstraße. Die Ortsdurchfahrt Alexisbad war gesperrt, deshalb wurde der Ort auf Umwegen von Süden angefahren. Das Hotel dort ist wirklich sehenswert. In Silberhütte werden Feuerwerkskörper hergestellt. Kurz vor Stolberg mußte später das Josephskreuz auf dem Auerberg bestiegen werden, das größte eiserne Doppelkreuz der Welt. Erstaunlicherweise wurde es 1834 und 1896 weder zu Ehren noch zu Gedenken von jemandem errichtet, sondern wohl nur wegen der guten Aussicht, unter anderem auf das Kyffhäuser-Gebirge. Die Bausumme von 50.000 Mark wurde nicht aus EU-Mitteln gefördert. Stolberg liegt mitten im Wald und besteht aus vielen wunderschönen Fachwerkhäuser. Auch hier hatte man keine Scheu, die Ortsdurchfahrt wegen Pflasterarbeiten für Monate komplett zu sperren. Doch wo Rausfahrer sind, da ist (hinterher) (fast immer) ein Weg und so ging es weiter Richtung Südostharz. Entlang der Kante zum Harzvorland geht es im Frühjahr durch blühende Obstbaum-Alleen. Auf der Burgruine Hohnstein oberhalb Neustadt fand gerade ein Jägerfest statt, was uns jedoch kaum hinderte. In dieser Burgruine kann man sich noch ganz zünftig durch todesmutiges Klettern ums Leben bringen, die Absperrungen sind auf das Notwendigste beschränkt. Ein echter Abenteuerspielplatz - selten sowas, in Deutschland. Von Rothesütte aus geht es wieder hinein in den Harz, über Netzkater (dann besser über Sophienhof, das spart 3 km Kopfsteinpflaster), Rothesütte und Bennekenstein Richtung Tanne. Anschließend durch das Tal der Warmen Bode nach Königshof. Was für eine Stecke! Nach einem Kurzbesuch der Wernigeroder Burg begann dann in einem lang gesuchten Kartoffelrestaurant der Abend. Wegen Magenüberfüllung wurde die Einnahme eines Abschlußbierchens auf später in die Hotelbar verschoben. Dort gab es jedoch zur maßlosen Enttäuschung aller Teilnehmer kein Ducksteiner Pils. Und, obwohl im Ortsteil Hasserode gelegen, auch kein Hasseröder Pils. Meine Großmutter hätte gesagt: "Da fahn wir nich wieder hin!" Am Sonntag wurde das Gepäck am Mopped verzurrt und der Westharz unter die abgefahrenen Reifen genommen. (Tagebuchnotiz: Vor langen Touren Reifenprofil prüfen!) Allerdings wurden auf den guten Strassenbelägen vor allem die Seiten des Reifens genutzt: Nach Elend kam Sorge, doch dann ging es von Hohegeiß im Sturzflug nach Zorge. Dort scharf rechts erneut wunderbare Serpentinen hinauf. Genau hier wurde es dann noch abwechslungsreicher durch die vielen Teilnehmer einer Radrundfahrt. Von Osterode aus ging durch das malerische Lerbach zum vermutlich einzigen nicht für den Verkehr gesperrten Waldweg im Harz. Mal was für Beim-Fahren-Blümchenpflücker. Mitten durch den Wald am Silberteich, einigen geologischen Schau-Abbrüchen und einen alten Bergwerk vorbei zur Straße nach Wildemann. In Lautenthal kann man ein Silberbergwerk besichtigen und unterirdisch mit Booten befahren. Beim anschließenden Kurvenwetzen die Abfahrt nach Wolfshagen nicht verpassen, sonst wird es ein langweiliger Umweg am Innerste-Stausee entlang. Die Serpentinenstrecke der B241 von Goslar nach Clausthal-Zellerfeld mit den beiden super-engen Kehren ist bei wenig Verkehr ein fahrdynamisches Erlebnis der Extraklasse. Wer mag kann dort auch Autos jagen. Dann über Altenau nach St.Andreasberg und zum Forsthaus Oderhaus, das ist landschaftlich eines der schönsten Stücke bei gleichzeitig hoher Kurvenhäufigkeit. Dann über Braunlage zurück. Zu Beginn der Rückfahrt zog dann noch ein Teilzeit-VoRausfahrer einen 70 km langen Orientierungskreis Richtung Kyffhäuser, in dessen Verlauf das Bergbaumuseum Röhrigschacht in Wettelrode entdeckt wurde. (Merke: Nicht jeder, der ohne GPS und Karte vorausfährt ist ein Pfadfinder.) Nach insgesamt 960 km war die Tour gegen 21 Uhr im Marinella zuende. Dort gab es dann noch einen netten Ausklang mit zwei Drinbleibern. Obwohl es auf dem Tacho recht viele Kilometer sind (Hin- und Rückfahrt, Ost- und Westharz je 210 km), kommt im Harz nie Langeweile auf. Erstaunlich, dass es so "dicht" an Berlin so viele Kurven gibt, die so viel Spaß machen. Allgemeine AnmerkungenDer ARAL-Motorrad-Tourenführer Harz beschreibt eine tolle Route, die kaum eine fahrenswerte Straße im Harz ausläßt. (Dazu zähle ich NICHT die B4 von Braunlage nach Torfhaus, die scheinbar jeden Motorradfahrer in der Gegend magisch anzieht.) Beinahe jede Straße, die auf der Karte kurvig aussieht und keine Bundesstraße ist, ist ein Erlebnis. Im Westharz ist der Straßenbelag normalerweise besser, dafür sind die Straßen im Ostharz enger in die Natur gemeißelt. So sehenswert die Städte im Ostharz sind, so unglaublich ist das Verkehrschaos darin. Quedlinburg oder Wernigerode (wenn wieder mal die Harzquerbahn durchfährt) können viel Zeit beim Durchfahren kosten. Ähnlich wie in MeckPomm sollte im Ostharz die Benzinversorgung in die Routenplanung einbezogen werden. Tankstellen liegen nur selten an größeren Verbindungsstraßen, sondern dort, wo man sie früher gebraucht hat. Wenn man sie kennt ganz einfach, sonst ein Alptraum. Einige Tankstellen:
Der Oberharz, also die Mitte des Höhenzuges, hat ein ganz eigenes Klima. Wenn es in Goslar, Wernigerode oder Nordhausen sonnig ist, kann es im Oberharz aus hängenbleibenden Wolken regnen. Oder an Walpurgis noch schneien. Ich bin aber fast alle Straßen auch bei Nässe gefahren und fand die Straßenbeläge erstaunlich griffig. Linktips
Die Tour im Detail1.Tag: Von Wernigerode B244 nach Elbingerode, B27 nach Rübeland, über Rappoldetalsperre (derzeit gesperrt) über Wendefurth durchs Bodetal über Altenbrak und Treseburg nach Allrode (Achtung, hier 2x links abbiegen). Über Friedrichsbrunn nach Gernrode. Zurück über die B185 nach Alexisbad (z.Z. ab Mägdesprung gesperrt, Umgehung über Harzgerode). Weiter über Silberhütte, Straßberg (z.Z. gesperrt, Umleitung über Neudorf), [hier eventuell Josephs Kreuz auf dem Gr. Auerberg besteigen] nach Stolberg.
Über Stempeda nach Ilfeld, Netzkater (besser erst 4 km danach, wenn sich die Straße teilt links über Sophienhof), Rothesütte, Benneckenstein, Tanne. Durch das Tal der Warmen Bode nach Königshütte, Elbingerode, Wernigerode. |