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Wer jetzt auf die Buchmesse fährt, sollte eine Sense mitnehmen - so viel Grass, wie da 'rumsteht... Wer allerdings mit dem Motorrad auf Strecke geht, braucht ein dickes Fell, möglichst wasserundurchlässig (von außen nach innen). Nun ist's mit dem Regen auf dem Motorrad wie im richtigen Leben beim Altern oder bei der Gewichtserweiterung: Der erste Tropfen (das erste Jahr/Kilo mehr) findet noch Beachtung, dann aber gewöhnt man sich daran, wenigstens hier ein Wachstum zu verspüren. Die Aufforderung "gib Gummi" bekommt jedenfalls schnell eine ganz neue Bedeutung, und zwar in XXL. Kann man dann noch sein glühendes Verlangen nach Heizgriffen stillen, ist eigentlich alles ziemlich in Ordnung. Andere trifft es bisweilen viel schlimmer, zum Beispiel die rund 160 Leute, die am 3. Oktober zur Teilnahme am Dreistundencross nach Maasdorf bei Bad Liebenwerda angereist waren. Aber die hätten ja eigentlich wissen müssen, was auf sie zukommt. Nämlich eine gut drei Kilometer lange Ackerstrecke mit einem vielleicht 50 Meter langen Stück, wo ein Sumpfloch vor einem ebenso glitschigen Hügel lauerte. Vorsichthalber war hier schon ein Kranwagen aufgestellt worden, um die Moppeds herauszuholen, die mit Motor- oder Armeskraft nicht mehr aus dem Schlick zu bewegen waren. Aber dann ging's oft auch ohne technische Hilfe. Es ist schon erstaunlich, welche Körper- und Fahrzeugbeherrschung die Fahrer an den Tag legen, denn der Modder war an einigen Stellen durchaus rund 30 Zentimeter tief. Schnell waren auch die Motorräder mit einer Dreckkruste paniert, ein Wunder, dass dabei noch die Kühlung funktioniert. Aber selbst unter solchen Bedingungen werden die Maschinen doch geringer belastet als auf der Straße, wenn sie stundenlang mit Dauer-Höchsttempo gefahren werden, erklärt Stollenreifen-Kenner Klaus. Dieser hatte auf der diesmal geteilten Tour die "Erdferkel" hierher geführt, über legale Wald-, Feld- und Wiesenwege. Die Gruppe der Straßen-Freunde war mit 15 Motorrädern ungefähr gleich stark, so dass die Berliner also allein durch unseren Besuch mit knapp 40 Personen vertreten waren. Zurück zum Rennen, das gegen Mittag von dem erwähnten Landregen heimgesucht wurde. Es wird von dem Maasdorfer Club zweimal jährlich veranstaltet, einmal im April und zum Saisonende Anfang Oktober. Die Teilnehmer kommen aber beileibe nicht nur aus dem direkten Umland, sondern auch aus Berlin, Oranienburg, ja sogar aus Darmstadt. Gestartet wird in mehreren Klassen, die Zweitakter (bis 500 Kubik) haben eine eigene und die Senioren (ab 35 Jahren) auch. Bei den Viertaktern reicht der Hubraum in der ersten Klasse bis 400 Kubik, in der zweiten bis 620 Kubik hinauf, das sind dann schon die schwereren Einzylinder-Enduros. Kein Wunder also, dass es um die 20 Pokale sowie zwei Medaillen zu gewinnen gab. Nebendran ein silberfarben glänzender Spaten, der war für jenen Teilnehmer, der sein Fahrzeug am tiefsten einzubaggern vermochte - macht man das nur lange genug in gerader Strecke, soll man ja irgendwann in den Südpazifik kommen, und da ist's bestimmt sonniger. Kaum war das Rennen am Nachmittag beendet, ließ auch der Regen nach, wir konnten weiter. So viel Wasser, wie an diesem Tag vom Himmel gefallen ist, müsste doch Kraft geben, dachten wir. Aber nein, die Anlage Neumühl (ein paar Kilometer auf der B 101 nördlich von Bad Liebenwerda) stand still. Das gut drei Meter hohe "Zuppinger Wasserrad in Ganzstahlausführung" bewegte sich keinen Mucks, und der dicke Drehstromgenerator (2,5 Tonnen Gewicht) in dem Haus nebenan auch nicht. Schade, dabei könnte er doch mindestens 20 Kilowatt (kW) Leistung bringen, bei 20 Umdrehungen pro Minute (bei einem Übersetzungsverhältnis von eins zu vier im Zwischengetriebe sind das nur fünf Umdrehungen des Rades pro Minute). Reicht das Wasser fürs dreifache Tempo, kommt auch die dreifache Leistung heraus. Jedenfalls wurde es selbst in Finsterwalde hell, denn der Lichtblick dort lockte: Radigks Brauhaus. Hier waren wir bereits schon einmal eingekehrt und hatten es in unserem Resto-Führer mit vier Helmen und zwei Fliegen daran verewigt. Das hatte die Chefin mitbekommen und fragte nun glatt, ob's denn noch eine Fliege mehr sein kann. Die Antwort ist: Batsch. Abgefüllt (natürlich nur mit leckerem Futter) ging's weiter allerdings schnell zurück nach Berlin, denn die Sonne bereitete ihren Abgang vor. Faszinierend, was diese Ansammlung unterschiedlicher Wolken für ein Licht schaffen kann es verwandelte ziemlich alles auf der Waldstrecke an der B 96 in Gold. Der oberste Energieversorger wollte wohl vieles von dem nachholen, was er beim Hinweg hatte vermissen lassen. Am Vormittag hatte die Route über Diedersdorf, Blankenfelde, Mellensee, Sperenberg, Baruth, Dahme, Lebusa, Krassig, Schlieben und Tröbitz wieder einmal anders gewirkt - eben wolkiger, windiger, herbstlicher, erschöpfter, sich auf die Winterpause vorbereitend. Huaah, wie sentimental. Und weiter, weil ja jetzt jeder in Zehn-Jahres-Reminiszenzen schwelgt: Wer sich an die Zeit vor Maueröffnung erinnert, ist froh darüber, die Umgebung Berlins ohne Einschränkungen erkunden zu können. Das ist immer noch etwas Besonderes, wie ein kleiner Urlaub. Was macht's da schon, wenn's hin und wieder regnet - solange es Gummizeug und Heizgriffe gibt... So steht's auf -Motorradseite. Der Autor Gido hat den Klau freundlichst genehmigt. Die andere Strecke: Dazu ist nicht viel zu sagen, eher zu sehen, wenn sie nachgefahren wird. z.B. mit dem 250km-Enduro-Track von der GPS-Seite.Selbstverständlich wurden einige Passagen zu Fuß abgelaufen und per GPS aufgezeichnet, mit dem Fahrrad bewältigt oder das Mopped wurde kurzzeitig geschoben. Und zwar nicht nur deshalb, weil mitten im Wald ausgesprochen große Nägel auf der Piste liegen. Einer davon hat Klaus' Mopped vorübergehend stillgelegt. Ziemlich durchnäßt von außen durch Regen und unter der Jacke durch Schweißausbrüche, hervorgerufen durch unvermittelt im Wege liegende Äste, Matschlöcher, feuchtes Obst auf Obstbaumalleen und Sandlöchern unterm feuchten Sand, kamen wir fast ohne Stürze auch in Maasdorf an. Der Rückweg fand wieder asphaltvermeidend statt, bis das Methusalem-Mopped unter uns die Verbindung zwischen Kupplung und Kupplungshebel trennte. So zwang die XT500 die hochmodernen KTMs auf schnöde Bundesstraßen. Sorry.
-Peter
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