Knappenrode (Briketts)


Hier ist alles versammelt, was zum Begreifen der Braunkohleindustrie wichtig ist:

  • Eine Ausstellung zum Braunkohletagebau mit wunderbaren Modellen von Baggern und Förderanlagen, Videovorführungen und geschichtlichen Hintergründen (gesponsert von der LMBV, die Braunkohle als extrem umweltfreundlich verkaufen will - deshalb kein Eintritt!). Die käuflichen Videos sind interessant und preiswert.Speicherlok
  • Eine Mineralienausstellung im originellen ehemaligen Badehaus mit angeschlossener Grubenlampensammlung. Unter der Decke hängt an mit Schlössern gesicherten Ketten die Zivilbekleidungen der Kumpel.
  • Eine kunterbunte Mischung aus diversen Lokomotiven, teils mit Frischdampf (Baureihe 52), teils mit Kraftwerksdampf (Dampfspeicherloks), teils mit Jet-Triebwerken, teils mit Strom oder Diesel angetrieben. Die Lok mit dem MIG-Triebwerk existiert tatsächlich. Sie diente allerdings nicht für Eiltransporte, sondern zum Auftauen eingefrorener Kohlewaggons. Siehe Bild. MIG-lokDaneben sind noch COMECON-Geländewagen, beim Klassenfeind zugekauftes Bohrgerät aus den 50er Jahren (mit DDR-Schild überm Kennzeichen), ein russischer Panzer in friedlicher Mission mit aufgesetztem Bergungskran (mit D-Schild) und einige andere, teils mit pfiffigen Mitteln am Laufen gehaltene, Technik zu sehen.
  • Eine Feuerstättenausstellung eines Berliner Schornsteinfegermeisters mit Heizöfen, Küchenöfen, Backöfen, Ofenplatten, Ofenkacheln, kohlebeheizten Bügeleisen und einer beeindruckenden Sammlung von Zierbriketts (gibt es wirklich!) in der ehemaligen Werkstatt der Brikettfabrik.
  • Als Kernstück ist eine Führung durch die Brikettfabrik das dickste Erlebnis. In langen Reihen stehen die durch Dampf oder Elektrizität betriebenen Brikettpressen. PressenDarüber kann man über mehrere Etagen die Anlagen für Vorbereitung der Braunkohle (mahlen, sieben, trocknen) erkunden. Die Führung führt bis auf das Dach der von 1918 bis 1993 aktiven Anlage. Von dort reicht der Blick über das Grubenloch bis zum ehemaligen Knast, der die Fabrik mit billigen Männern für die kaum noch zumutbaren Arbeiten versorgte. Gezielten Fragen dazu wurde leider ausgewichen, obwohl auch das ein nicht unbedeutendes Kapitel der Industriegeschichte ist.
  • Markscheidewesen - der Begriff war mir bisher fremd. Nun hat eine Ausstellung über die Landvermessungstechnik, speziell im Bergbau unter und über Tage, Licht ins Dunkel gebracht. Die Geräte beeindrucken jeden, der Freude an präziser, funktioneller und auch ästhetisch perfekter handwerklichen Arbeit hat. Alleine diese Ausstellung kann Stunden verschlingen.
  • Das Feigenblatt für Umwelt- und Landschaftszertörung bildet eine "Umweltausstellung". Hier wird zwar auf alle negativen Aspekte eingegangen, es wird aber so getan, als gäbe es das jetzt nicht mehr. Ist wohl eher für Schulklassen gedacht. Ein geologischer Lehrpfad mit aus dem Tagebau geborgenen Findlingen und die Ansiedlung von 400 Reiherpaaren direkt nebenan an einem Tagebausee wären ohne Braunkohle tatsächlich nicht existent...
  • Im Sommer (Karfreitag bis Ende Oktober) kann man sich über 20 km mit der Grubenbahn durchs Gelände schaukeln lassen. Die Abfahrten: 9:30 (bis 13:15) und 14:30 (bis 18:15) sind am Museumsbahnhof.
Einige kritische Anmerkungen sollen die Wichtigkeit und Vielfältigkeit dieser Museumsanlage nicht in Frage stellen. Populismus und das Geld eines mächtigen Sponsors sind eben in Zeiten knappen Geldes für die Existenz eines so großes und vielfältigen Projekts wichtig.

Die Gemeinde Knappenrode verdankt ihre Existenz der Braunkohle. Es gibt keinen historischen Kern, denn Knappenrode ist ein "Kunstort", der zur Wohnraumbeschaffung für die Fabrikknechte vom "Investor" Werminghoff gegründet wurde, der dem Ort auch gleich seinem Namen verlieh.

Zum Beginn der Zwischenkriegszeit konnten es sich Unternehmer leisten, auch auf nicht direkt der Wirtschaftlichkeit dienende Aspekte zu achten. So ist Knappenrode ein Ort geworden, der mit seinen in besten Zeiten über 1700 Einwohnern ein damals schon gut geplanter Mikrokosmos war. Die Schule, ein Schwimmbad, die Kneipe, der Bahnhof von 1913 und die 1- bis 2-Familien-Wohnhäuser im Landhausstil waren ein Musterbeispiel für eine damalige Industriesiedlung.

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