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Rausfahrers go Alps 2000: Tag Sechs

Die Eisenarschtour mit nassem Ende

Da für diesen Tag eine Eisenarschtour geplant war, ging's früh aus den Federn. Die Abfahrt zog sich Spaghettistraße zum Stilfzerdann doch wieder in die Länge, diverse kleinere Servicearbeiten an den Moppeds wurden erledigt. An Michas Motó war ein Kofferträgerhalter gebrochen und gefährdete die sichere Heimkehr. Unten in Blumau war uns gestern eine Ducati-Werkstatt aufgefallen, Peter erbot sich, mit dem defekten Teil runterzubrezzeln und eine Reparatur anzuleiern. Als Treff wurde die örtliche Tanke festgelegt, wohin sich wenig später der Rest der Truppe auf den Weg machte. Peter fuhr nach dem Beinahe-Exodus der Aprilia wieder Buell, war also besonders flott. Als er wieder zu uns stieß, zauberte er einen frisch geschweißten Halter aus seinem Rucksack. In einer kleinen Schlosserei wurde das Teil sofort repariert, eine Entlohnung wurde abgelehnt. Diese großzügige und selbstlose Hilfeleistung trieb uns Tränen der Rührung in die Augen.

Gemeinsam wurde als Erstes die Autobahn Bozen-Meran in Angriff genommen, um Zeit gutzumachen. Leider war die ca. 60 km lange Strecke nach Spondigna hoffnungslos verstopft, es begannen die üblichen, von Peter angeführten Überholrennen à la Rallye Marinella. Das Feld teilte sich rasch, jeder versuchte, irgendwie durchzukommen. Dank der Gnade einiger entgegenkommender Kraftfahrer waren keine Ausfälle auf Seiten der Im Nebel stochern am GaviaRausfahrer zu verzeichnen, obwohl auch nicht vorhandene Lücken konsequent genutzt wurden. An der Kreuzung zum Stilfzer Joch ein hübsches altes Hotel, davor bereits wieder ein Cappuccinoschlürfender Peter. Zu unserer Ehrenrettung: das Getränk war noch warm, die Buell ebenfalls.

Während der Pause wurde das aus der Gründerzeit stammende Hotel besichtigt, eine komplett erhaltene Innenausstattung aus der "goldenen Zeit" schaffte ein besonderes Flair. Nach körperlicher und seelischer Stärkung ging es die paar Kurven rauf zum Stilfzer und auf der anderen Seite gleich wieder hinunter nach Bormio. In diesem bekannten Wintersportort wurde getankt, wie immer um die Mittagszeit musste der Benzina-Automat gefüttert werden. Inzwischen gut trainiert und mit ausreichend zehntausend-Lire-Scheinen versehen, war das ein Kinderspiel. Weiter durch Santa Caterina zum Gaviapass. Dieser war wegen Bauarbeiten für den Fahrzeugverkehr gesperrt. Peters Hinweis, dies wäre nicht weiter schlimm, Regen ab Croce Dominimeist käme man schon irgendwie durch, wurde mit Misstrauen begegnet. Entgegenkommende Biker berichteten jedoch von der problemlosen Passierbarkeit der Strecke. Wir stürmten bergauf, endlich eine Straße fast ganz für uns allein. Der Gipfel war kitschig wolkenverhangen, die Temperatur schon winterlich. Zur allgemeinen Überraschung war das Bergristorante geöffnet, der Standardespresso wurde genommen, dazu leckere Apfeltaschen. Noch ein kurzes Telefonat mit den Lieben daheim, hinunter durch Wolken- und Nebelbänke nach Ponte di Legno.

Ausgerechnet unseren bisher immer zuverlässigen Schlussmann Dieter erwischte die Defekthexe, sein Technologieträger VFR hustete unmotiviert und verweigerte in weiten Drehzahlbereichen die Gasannahme. Die Ursache konnte nicht ermittelt werden, zu allem Überfluss setzte ein kleiner Regenschauer ein. Mit dem hinterhereiernden Dieter im Schlepp ging es verhaltener weiter über Edolo, Breno, über inzwischen nasse Straßen zum Passo Croce Domini. Der Regen wurde stärker, Dieter hatte mit immer unkontrollierterem Schlupf am Hinterrad zu kämpfen. Infolge einbrechender Dunkelheit und klatschnassen Straßen verringerte sich das Tempo drastisch, unser Zeitplan geriet langsam ins "Schwimmen". Im malerischen Örtchen Bagolino wurde Das nette Bagolino übern Idroseegetankt und ein total genervter Dieter bedauert. Trotz seines Handicaps hielt er tapfer Anschluss, wir erreichten den Idrosee, entlang des Val d'Ampola ging es nach Riva del Garda.

Der vielgerühmte Gardasee präsentiert sich bei völliger Dunkelheit und strömendem Regen. Hungrig und gestresst erreichen wir Torbole. Die Restaurant- und Parkplatzsuche verlangt den Teilnehmern noch einmal alles ab, ein Teil der Gruppe verfährt sich und muss eingesammelt werden. Endlich sitzen alle bei Tee und Pasta am Ufer des Gardasees. Sankt Petrus hat Mitleid und stellt endlich die Berieselung von oben ein. Langsam kehren die Lebensgeister in die Rausfahrerkörper zurück, die Stimmung bessert sich.

Dieter hat sich in sein vermeintliches Schicksal gefügt, die VFR zickt unverändert. Eine nochmalige Fehlersuche verläuft ergebnislos, in stockfinsterer Nacht geht es über Trento und die mautpflichtige Autobahn zurück ins Bergdörflein. Kurz vor der Sperrstunde wird das Stammlokal geentert, zwei bis fünf Weizen sind verdienter Lohn nach allen Strapazen. In Vorbereitung der morgigen Heimfahrt trollte sich alles in die Federn, einstimmig wurde ein später Frühstückstermin beschlossen.


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